Vom Lockdown zum Normalbetrieb mit Schutzkonzept
Der Lockdown im Frühjahr 2020 schloss auch die Volksschulen und stellte diese vor die Herkulesaufgabe, einen Fernunterricht zu institutionalisieren. Dabei suchte jede Schule mit ihren Möglichkeiten nach praktikablen Lösungen. Je nach Schulstufe, vorhandene Infrastruktur und Kompetenzen aller Akteure gab es das Verteilen von Arbeiten in Papierform durch Abholen in der Schule oder per Homedelivery (Lehrperson oder Kurierdienste bis hin zu auf Technologie basierender synchroner oder asynchroner Unterricht. Evaluation der Erfahrungen für die Schublade Nach dem Lockdown kehrten die Primar- und Sekundarschulen in einen durch Schutzkonzepte geprägten Normalbetrieb zurück. Einige Schulen evaluierten bei Eltern und Schüler_innen Vor- und Nachteile des Fernunterrichts und schubladisierten die Erkenntnisse. Kaum eine Schule nutzte die aussergewöhnliche Situation um die Möglichkeiten des Fernunterrichts mit dem bewährten Präsenzunterricht zu kombinieren. Dabei wären gerade jetzt alle und alles bereit für den Beginn der digitalen Transformation an Schulen. Institutionalisierter synchroner Fernunterricht Nach dem Lockdown begann ich, Bewährtes beizubehalten und weiter zu entwickeln. Während der unterrichtsfreien Zeit im Sommer erweiterte ich den Einsatz von Learningview in meinem Unterricht dahingehend, dass meine SuS (Primarschule 5. Klasse) die Fachbereiche Deutsch Grammatik, Leseverstehen, Lesetraining, Literatur sowie Mathematik ausschliesslich über diese Applikation zur Verfügung stelle. So nähere ich mich langsam an die Idee des „flipped classroom“ an. Die SuS erhalten sämtliches Lernmaterial inkl. Lösungen von Anfang an zur Verfügung. Die Reihenfolge der Basisaufgaben ist zwingend, die der erweiterten Aufgaben oder Routineaufgaben ist frei wählbar. Der Schulische Heilpädagoge hat vollumfänglichen Zugriff auf sämtliches Material und hat die technisch gesehen die gleichen Rechte wie ich. Hausarbeiten sind bis 20 Uhr zu erledigen und werden von mir entweder am gleichen Abend oder am kommenden Morgen vor dem Unterricht gesichtet und kommentiert. Die SuS können somit beim Eintritt in den Unterricht gleich mit der Sichtung und Überarbeitung ihrer Hausarbeiten beginnen, bevor sie an ihrem individuellen Arbeitsstand weiterarbeiten. Die Aufgabenstellungen sind so gebaut, dass die SuS immer häufiger auf einfache Weise auch Erklärvideos machen müssen, in denen sie zeigen, was sie gelernt haben. Nach Diskussionen mit der Schulleitung und einer Elterninformation kommt in meiner Klasse als weiteren Schritt hinzu, dass ich meinen Präsenzunterricht mit Fernunterricht ergänze. Die SuS entscheiden jede Woche neu, ob sie jeweils am Dienstag Nachmittag am Präsenz- oder Fernunterricht teilnehmen wollen. Diesen Dienstag werden 5 SuS mit mir im Klassenzimmer sein, 15 SuS werden am Unterricht von zu Hause aus über Webex teilnehmen. Die Rhythmisierung des Unterrichts ist beim Fernunterricht mit Videokonferenzen ebenso wichtig wie im Präsenzunterricht. Die 90 Minuten sind für den Anfang so geplant:
Meine wesentliche Absicht mit dem institutionalisierten Fernunterricht ist die Förderung überfachlicher Selbst-Kompetenzen wie Selbstorganisation, Selbstdisziplin, Selbstmotivation, Selbsttätigkeit, Selbständigkeit und nicht zuletzt Zuverlässigkeit und Einhaltung der Verbindlichkeiten. Die Technik ist dabei das Medium zur Interaktion und Kommunikation und verlangt diesbezügliche Anwendungskompetenzen. Interaktionen und Kommunikation per Medien verlangen teils andere Umgangsformen und müssen geklärt und eingehalten werden. Diese Kompetenzen in den multimedialen synchroner Kommunikation (Videokonferenz, Chatt, Telefonie u.ä.) und asynchroner Formen der Kommunikation (Teams, Learningview, Schoolwork, Seesaw, usw, aber auch Email, SMS u.ä.) sind bereits heute und wohl auch in Zukunft nicht nur im Beruf, sondern auch im gesellschaftlichen Zusammenleben zentral, wenn man verstanden, wahrgenommen und akzeptiert sein will. Und dies in zweierlei Hinsicht: Einerseits als Sender einer Botschaft (aktiv), andererseits auch als Empfänger einer Botschaft (passiv). Digitale Transformation Mit meinem institutionalisiertem Fernunterricht an einem Halbtag pro Woche möchte ich also auch die bisherige Struktur des Präsenzunterrichts (Unterrichts vor Ort) aufbrechen und aufzeigen, dass synchroner Fernunterricht eine wertvolle Ergänzung unseres Methodik-Repertoires in der Bildungslandschaft ist. (M)eine Vision, (m)ein Hirngespinst Man stelle sich vor: Jede Klasse der Sekundarschule hat an 1 Halbtag pro Woche 1 Nachmittag Fernunterricht. Bei geschickter Verteilung der Halbtage über die Woche wird bei 9 Klassen 1 Klassenzimmer frei. Bei 2 Halbtagen sind es bereits 2 Klassenzimmer. Somit bleiben noch immer 7 oder 8 Halbtage für soziale Kontakte in der Schule. Diese Reduktion lässt viele Neu- und Ergänzungsbauten im Schulbereich überflüssig werden, Schulraumknappheit gehört der Vergangenheit an. Ein Bruchteil des damit eingesparten Geldes wird für 1:1 verwendet (jedem SuS sein personalisiertes Gerät), der grosse Rest ist eingesparte Steuergelder. Die Schule bereitet ihre SuS bezüglich Medienkompetenzen und diesbezüglichen überfachlichen Kompetenzen noch besser auf die jetzige soziale multimediale Gesellschaft und die spätere Berufswelt vor. Das ganze liesse sich ähnlich auf die Primarschule übertragen, denn im Volksgesetz des Kantons Solothurn bspw. steht unter §10 Blockzeiten: „Alle Kinder im ersten Kindergartenjahr stehen an mindestens drei Vormittagen unter der Obhut des Kindergartens. Im zweiten Kindergartenjahr sowie in der Primarschule stehen alle Kinder an fünf Vormittagen während dreieinhalb Stunden unter der Obhut des Kindergartens bzw. der Schule.“ Somit bestehen für die Nachmittage keine gesetzlichen Vorschriften, dass der Unterricht zwingend in der Schule stattfinden muss. Denken wir kreativ, finden wir bereits unter den gegebenen Gesetzen spannende Lösungen für eine zukunftsorientierte Schule. Lasst es uns zuerst machen und Erfahrungen sammeln und erst danach diksutieren. Ich zumindest gehe diese Woche einen nächsten Schritt weiter.
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AutorDominik Kohler Archiv
October 2022
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